Eine gerissene Strecksehne ist schnell passiert, da diese nur von einer dünnen Hautschicht geschützt wird und eine häufige Handverletzung ist. Unsere Hände sind für ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sehr filigran gebaut und insbesondere die Sehnen in unseren Fingern ermöglichen uns das Beugen und Strecken der Hände. Im folgenden Artikel klären wir, was wichtig ist, um die Diagnose besser zu verstehen.
Anatomie der Hand und Sehnen
Sehnen sind Bindeglieder zwischen Muskeln und Knochen bzw. deren Gelenken und spielen eine bedeutende Rolle für die Kraftübertragung von Muskulatur auf Knochen . Auch in unseren Händen muss beispielsweise beim Greifen nach dem täglichen Glas Wasser die Kraft der sich anspannenden Muskeln im Unterarm auf unsere Fingerknochen geleitet werden. Für diese Beuge- und Streckbewegung unserer Finger sind zwei verschiedene Sehnenarten verantwortlich - nämlich Beuge- und Strecksehnen. Alles wichtige zu Verletzungen an Beugesehnen findest du hier .
Unsere Finger bestehen jeweils aus drei Fingergliedern, die durch Grund-, Mittel- und Endgelenk verbunden sind. Oberhalb der Fingerglieder, am Handrücken, verlaufen die Strecksehnen bis in die Fingerspitzen. Hier sind sie nur von dünner Haut geschützt und deshalb häufig von Handverletzungen betroffen.
Strecksehnen (blau) verlaufen entlang der Fingerknochen und bedecken Grund-, Mittel- und Endgelenk.
Ursachen einer Verletzung an der Strecksehne
Die Ursachen für eine verletze Strecksehne sind vielfältig. Häufig führen Unfälle mit Messern, Scherben oder Verbrennungen zu einer Strecksehnenverletzung, aber auch eine plötzliche Überdehnung des Fingers, wie etwa beim Abfangen eines Sturzes mit der Hand oder beim Anprall eines Balls an die Fingerspitze. Sogar das Durchlöchern einer Cellophan-Verpackung des Lieblings-Schokoaufstriches kann der Strecksehne zum Verhängnis werden.
Jede klaffende Schnittwunde an der Hand sollte man dringend ärztlich abklären lassen, da Sehnen nicht selten mit verletzt sind. Unbehandelt kann eine Strecksehnenverletzung langfristig zu Arthrosen und Fehlstellungen führen.
Symptome: Wie erkenne ich eine verletzte Strecksehne?
Es wird zwischen geschlossenem und offenem Strecksehnenriss unterschieden. Ein geschlossener Strecksehnenriss zeigt sich neben einem plötzlichen, dann aber nachlassenden Schmerz vor allem dadurch, dass ein Fingerglied herabhängt und sich nicht mehr aktiv strecken lässt. Auch ein Bluterguss oder Schwellung der betroffenen Stelle sind üblich.
Um einen offenen Strecksehnenriss handelt es sich, wenn dieser mit einer offenen sichtbaren Wunde einhergeht. Auch hierbei verbleiben je nach spezifischer Stelle des Risses die entsprechenden Fingerglieder gebeugt . Ist die Sehne nur zum Teil gerissen, sind die betroffenen Finger in der Regel etwas weniger stark gebeugt.
Oft geht ein Strecksehnenriss mit Begleitverletzungen einher, entsprechend können auch weitere Symptome dazukommen.
Diagnose von Verletzungen an Strecksehnen
Charakteristisch für Strecksehnenverletzungen ist ein Riss direkt an den Gelenken, weshalb mit der Verletzung oft ein Ausriss von kleinen Knochenstücken einhergeht – man spricht von einem knöchernen Sehnenausriss . Daneben entstehen häufig weitere Begleitverletzungen , wie z.B. ein Kapselriss. Auch Bänder, Nerven und Gefäße können mit betroffen sein.
Solche Begleitverletzungen müssen in der ärztlichen Untersuchung genau abgeklärt werden. Der Unfallhergang und die Beschwerden werden in einem Gespräch erfragt und liefern bereits wichtige Anhaltspunkte für die Diagnose. Anschließend werden die einzelnen Gelenke auf ihre Funktion und Beweglichkeit überprüft. Zusätzlich klärt ein Röntgenbild über mögliche knöcherne Verletzungen auf.
Beim knöchernen Sehnenausriss ist nicht nur die Sehne gerissen sondern auch kleine Knochenstücke betroffen.
Es wird zwischen drei Typen von Strecksehnenrissen unterschieden. Die Zuordnung ist abhängig vom Ort der Verletzung . Das genaue Betrachten der Beugung des betroffenen Fingers kann bereits Aufschluss über die Stelle der Verletzung geben.
Endgelenk
Eine typische Sport-Verletzung ist ein Riss der Strecksehne am Endgelenk, also an der Fingerspitze, daher spricht man manchmal von einem „baseball finger“. Versucht man den Finger zu strecken, bleibt das letzte Fingerglied gebeugt hängen – der Form wegen wird diese Verletzung auch „Hammer-Finger “ genannt.
Mittelgelenk
Ein Riss der Sehne am Mittelgelenk des Fingers kann zunächst leicht übersehen werden. Häufig entwickelt sich im Verlauf eine so genannte Knopflochdeformität : Versucht man den Finger zu strecken, bleibt das Mittelgelenk gebeugt, während das Endgelenk gestreckt wird, was optisch an einen Knopf im Knopfloch erinnert.
Fingergrundgelenk
Befindet sich die Verletzung direkt am Fingergrundgelenk, kann der gesamte Finger nicht mehr aktiv gestreckt werden.
An der Art der Beugung des verletzten Fingers lässt sich oft bereits erkennen, wo die Sehne gerissen ist. Hammerfinger (oben rechts), Knopflockdeformität (unten), Verletzung am Grundgelenk (oben rechts).
Wie wird eine verletzte Strecksehne behandelt?
Bestätigt sich in der Diagnose der Verdacht einer Strecksehnenverletzung, wird über die Behandlungsweise nachgedacht: direkt in den OP oder reicht eine Schiene?
Vor allem am Fingerendglied bietet eine Schienenversorgung oft ausreichend gute Heilungschancen. Das Fingerendglied wird 6 Wochen in einer sogenannten Stackschen Schiene ruhiggestellt, bevor vorsichtig mit Übungen begonnen werden kann. Währenddessen ist es unerlässlich, dass die übrigen Finger weiterhin bewegt werden, um Versteifungen in der Hand zu vermeiden. Das volle Bewegungsmaß im verletzten Gelenk erlangen aber die wenigsten Patient:innen zurück. Personen, die zwingend auf eine volle Beweglichkeit angewiesen sind, etwa in Musik oder Handwerk, sollten über eine OP nachdenken.
Bei geschlossenen Verletzungen am Endgelenk wird oft auf die konservative Behandlung mithilfe einer Schiene zurückgegriffen.
Offene Verletzungen im Bereich der Mittel- und Grundgelenks werden beinahe immer operiert . Die Sehnenstümpfe werden mit Nadel und Faden vernäht oder – falls dies nicht möglich ist – wird eine andere Sehne aus dem umliegenden Gewebe transplantiert. Einige Sehnen sind doppelt angelegt oder nicht zwingend für die Funktion nötig, daher können sie entnommen werden und bei Bedarf wichtigere Sehnen ersetzen. Bei einem knöchernen Ausriss können auch Schrauben oder Drähte zum Einsatz kommen.
Bei offenen Verletzungen wird die Sehne bei einer OP zusammengenäht.
Nach der OP wird das betroffene Gelenk mit einer Schiene ruhiggestellt. Je weiter in Richtung Handfläche die Verletzung liegt, desto kürzer: beim Grundgelenk etwa drei Wochen, beim Endgelenk bis zu acht.
Wird die Schiene oder die Hand gereinigt, darf der Finger keinesfalls frei in der Luft hängen, sondern muss immer gestützt oder auf eine gerade Fläche abgelegt werden, um einen erneuten Riss unbedingt zu vermeiden.
Die optimale Nachsorge nach einer Strecksehnenverletzung
In der Nachbehandlung lautet das Motto: Heilen im Bewegen . Handtherapie und regelmäßiges Üben zu Hause sind von essenzieller Bedeutung für den Heilungserfolg. Im Heilungsprozess verhindert moderate Bewegung außerdem, dass verschiedene Gewebe miteinander verwachsen und verkleben, etwa Sehnen mit ihren Sehnenscheiden.
Insbesondere bei offenen Verletzungen oder aber nach einer Operation bleiben Narben zurück. Diese Vernarbungen führen bei den feinen Strukturen der Finger häufig zu Einschränkungen. Je mehr die Narbe im Heilungsprozess in die Bewegungstherapie eingebunden wird, desto geschmeidiger bleibt sie und trägt zu einer natürlichen Bewegung nach dem Abschluss der Heilung bei.
Wie kann die Heilung der Strecksehne unterstützt werden?
Wird die Strecksehnenverletzung schnell erkannt und je nach Art der Verletzung angemessen therapiert, sind die Prognosen für eine vollständige Heilung positiv. Hier noch ein paar Tipps, wie du die Heilung unterstützen kannst.
So kannst du die Heilung der Strecksehne positiv beeinflussen:
Sprich Beschwerden und Unklarheiten bzgl. des Therapieplans direkt bei deinem ärztlichen und therapeutischen Team an Befolge das von deinem Therapeut/deiner Therapeutin erstellte Hausprogramm zuverlässig, um Überlastung aber auch Versteifungen zu vermeidenDeine Motivation trägt entscheiden zum Therapieerfolg bei!
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Ob beim Sport oder im Alltag - ein Strecksehnenriss ist schnell passiert. Wichtig ist, dass dieser schnell erkannt wird und entsprechend der Art des Risses behandelt wird. Anschließend unterstützt eine optimale Nachsorge die Heilung und beugt Bewegungseinschränkungen vor. So bist du auf einem guten Weg, deine Hand möglichst bald wieder im Alltag einsetzen zu können.
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Häufig gestellte Fragen
Wo sind die Strecksehnen in der Hand?
Unsere Finger haben Beuge- und Strecksehnen. Die Strecksehnen verlaufen oberhalb der Fingerglieder, am Handrücken bis in die Fingerspitzen. Da sie nur von dünner Haut geschützt sind, sind sie anfällig für Handverletzungen.
Was machen Strecksehnen?
Wie alle Sehnen sind auch die Strecksehnen für die Kraftübertragung von Muskeln auf Knochen und Gelenke verantwortlich. Spezifisch sind sie für die Streckung unserer Finger zuständig und damit essentiell für die Funktion unserer Hand im Alltag. Ist eine Strecksehne verletzt, kann der betroffene Finger nämlich nicht mehr aktiv gestreckt werden.
Was tun beim Verdacht auf eine Strecksehnenverletzung?
Beim Verdacht auf eine verletzte Strecksehne sollte die Verletzung unbedingt ärztlich abgeklärt werden, der nach einer Untersuchung der betroffenen Finger eine passende Therapie einleiten kann.
Wie lange wird die Schiene bei einer Strecksehnenverletzung getragen?
Bei einer ausschließlich konservativen Therapie meist bei Verletzungen am Endgelenk wird die Schiene meist etwa 6 Wochen getragen. Auch nach einer OP wird eine Schiene zur Ruhigstellung verschrieben. Hier ist die Dauer abhängig vom Ort der Verletzung: Je weiter in Richtung Handfläche die Verletzung liegt, desto kürzer muss die Schiene in der Regel getragen werden: beim Grundgelenk etwa drei Wochen, beim Endgelenk bis zu acht.
Wie lange dauert die Heilung eines Strecksehnenrisses?
Die Heilungsdauer ist abhängig vom Ort und der Komplexität der Strecksehnenverletzung. Normalerweise dauert es mindestens 6 Wochen, oft auch länger bis der Finger wieder benutzt werden kann. Du kannst durch eine gute Nachsorge und motivierte Mitarbeit zu einer kürzeren und erfolgreichen Heilung versuchen beizutragen.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema, eignet sich aber nicht zur Selbstdiagnose oder zur Auswahl einer passenden Therapie. Der individuelle Fall kann nur durch ärztliche Kompetenz zuverlässig diagnostiziert werden.
Quellen
Breier S, Diday-Nolle AP, Reiter Eigenheer A, Saur I. Handrehabilitation Band 1 Grundlagen, Erkrankungen. 3rd ed. Waldner-Nilsson B, editor. Heidelberg/Berlin: Springer-Verlag; 2013.
Schmidt H-M, Lanz U. Chirurgische Anatomie der Hand. 1st ed. Stuttgart: Thieme; 1992.
Hirt B, Seyhan H, Wagner M, Zumhasch R. Anatomie und Biomechanik der Hand. 3rd ed. Stuttgart, New York, Delhi, Rio: Thieme; 2015.