Ein Sturz, der mit der flachen Hand abgefangen wird, gefolgt von einem schmerzenden Handgelenk - bei einer ärztlichen Untersuchung wird eine Kahnbeinfraktur festgestellt. Im folgenden Artikel klären wir, was wichtig ist, um die Diagnose besser zu verstehen.
Unsere Hand ist ein beeindruckendes Organ. Einerseits können wir sie verwenden, um uns z.B. beim Klettern kraftvoll an einem Felsen festzuhalten. Andererseits sind durch den feinen Aufbau auch filigrane und präzise Bewegungen möglich wie z.B. fürs Nähen oder Klavier spielen. Der komplexe Aufbau unseres Handgelenks ermöglicht die optimale Durchführung der vielseitigen Bewegungen im Alltag. Für die Kraftübertragung sowie Beweglichkeit der Hand spielen die Handwurzelknochen eine wichtige Rolle. Eine der häufigsten Verletzungen der Handwurzel ist dabei die Kahnbeinfraktur (Skaphoidfraktur).
Anatomie der Handwurzel und des Kahnbeins
Unser Handgelenk ist kein einzelnes Gelenk, sondern besteht aus insgesamt 8 unterschiedlich geformten Handwurzelknochen , die in zwei Reihen angelegt sind. Während eine Reihe an mit der Speiche und Elle zusammenarbeitet, stellen die Handwurzelknochen der zweiten Reihe die Verbindung zu den Mittelhandknochen her. Gemeinsam ermöglichen sie die verschiedensten Bewegungen der Hand.
Bei einem Handgelenksbruch ist somit kein einzelner bestimmter Knochen, sondern einer oder mehrere der 8 Handwurzelknochen betroffen. In den meisten Fällen ist das Kahnbein betroffen. Dieser Knochen bildet die Gelenkfläche zur Speiche, interagiert mit 3 weiteren Knochen und ist für die Kraftübertragung zum Daumen zuständig.
Das Kahnbein (rot) ist der von acht Handwurzelknochen der am häufigsten betroffene Knochen.
Ursachen einer Kahnbeinfraktur
Ob bei einem Sturz im Alltag – beim Ausrutschen auf dem frisch gewischten Boden - oder bei einem Sturz beim Lieblingssport, oft wird der Sturz intuitiv mit der ausgestreckten Hand abgefangen. Dies bildet eine häufige Ursache für einen Kahnbeinbruch. Beim Sturz stößt das Kahnbein mit viel Kraft an die Speiche und bricht. Typische Sportarten mit einem erhöhten Risiko für diese Verletzung sind beispielsweise das Snowboarden, Inline-Skaten oder Mountain Biken.
Symptome: Wie erkenne ich einen Kahnbeinbruch?
Ein dumpfer Schmerz sowie eine Schwellung am Handgelenk geben erste Hinweise auf ein verletztes Handgelenk. Schmerzen im Handgelenk können jedoch durchaus mild ausfallen und klingen nach einer Weile wieder ab. Das kann dazu führen, dass der Bruch manchmal übergangen wird. Dies kann jedoch unangenehme Folgen haben, da die Fraktur ohne Behandlung unzureichend heilt und ggf. ein so genanntes falsches Gelenk zurückbleibt: die Bruchstücke wachsen nicht mehr richtig zusammen und ermöglichen eine Beweglichkeit im Handgelenk, die so nicht vorgesehen ist. Über viele Monate oder Jahre hinweg kann ein solches falsches Gelenk eine Arthrose , also eine vermehrte Gelenkabnutzung des gesamten Handgelenks verursachen. Dies kann auch noch Jahre später zu unerwünschten Folgen wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen führen.
Auch bei geringen Schmerzen sollte der Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur ärztlich abgeklärt werden. Denn wird die Verletzung übersehen, kann die Folgen eine Pseudarthrose sein, die oft noch Jahre später zu Beschwerden führt.
Heilt eine Kahnbeinfraktur nicht vollständig aus, kann ein sogenanntes falsches Gelenk entstehen, welches zu einer Pseudarthrose führen kann.
Diagnose von Kahnbeinbrüchen
Bei einem Verdacht auf eine Fraktur wird die Hand vom zuständigen Arzt zunächst geröntgt. Oft ist eine Kahnbeinfraktur jedoch leicht zu übersehen, da gerade frische, unverschobene Brüche im Röntgen nur schwer erkennbar sind. Bleibt die Vermutung aufgrund der Schmerzen und des Unfallhergangs erhalten, wird im Zweifelsfall noch ein CT, eine Computertomografie , durchgeführt. Solange ein Bruch nicht ausgeschlossen werden kann, sollte das Handgelenk sicherheitshalber mit einem Unterarmgips ruhiggestellt werden, um keine weiteren Verletzungen zu riskieren.
Wie wird eine Kahnbeinfraktur behandelt?
Wurde eine Kahnbeinfraktur festgestellt, kann die Behandlung entweder konservativ oder operativ erfolgen. Die Entscheidung für eine der beiden Methoden ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Ist der Bruch nicht verschoben und die Knochenstücke stehen in einer günstigen Position zueinander, wird eher eine konservative Therapie empfohlen. Dabei bekommen Patient:innen einen Unterarmgips , der auch den Daumen miteinschließt. Das ist besonders wichtig, da Bewegung des Daumens die Heilung des Kahnbeins direkt stören können.
Ein Unterarmgips, der auch den Daumen umschließt, sorgt für eine optimale Ruhigstellung des Kahnbeins.
Ein weiterer Aspekt, der zur Entscheidung zwischen konservativer und operativer Behandlung beiträgt, ist die konkrete Lage des Bruches. Denn eine Besonderheit, die bei der Heilung des Kahnbeins zu beachten ist, ist die ungleichmäßige Blutversorgung . Das zuständige Blutgefäß tritt erst in der zweiten Hälfte des Knochens ein, sodass die Hälfte an der Speiche nur schwach mit Blut und damit mit Nährstoffen versorgt wird. Dadurch kann die Genesung besonders langwierig sein. Je näher der Bruch an der Speiche liegt, desto schwieriger ist außerdem eine konsequente Ruhigstellung des Handgelenks. Befindet sich der Bruch in diesem Bereich – und das ist leider meistens der Fall – wird oft eine Operation empfohlen.
Die schwache Blutversorgung im an der Speiche liegenden Teil des Kahnbeins (innerhalb des gestrichelten Kreises) kann den Heilungsprozess verzögern.
Auch verschobene Brüche müssen operativ versorgt werden. In beiden Fällen fixiert eine Schraube die Bruchstücke in der korrekten Position. Sie muss nicht entfernt werden, sondern kann für immer im Handgelenk verbleiben. Im Anschluss an die Operation wird die Hand mit einem Gips für etwa vier Wochen ruhiggestellt. Oft dauert es zwei bis drei Monate bis der Knochen tatsächlich ausheilt, wobei die Heilung bei einer operativen Therapie etwas schneller möglich ist. Der Heilungsverlauf wird mit Röntgenbildern kontrolliert, damit keinesfalls zu früh mit der Belastung begonnen wird.
Ob die Behandlung konservativ oder operativ erfolgt ist von der Art und der Lage des Bruches abhängig. In beiden Fällen ist eine konsequente Ruhigstellung sowie die kontinuierliche Kontrolle des Heilungsprozesses wichtig.
Die optimale Nachsorge nach einem Kahnbeinbruch
Zur Wiederherstellung der vollen Funktion unter Beobachtung des Heilungsprozesses sollte eine entsprechend angepasste Therapie durchgeführt werden. Zu Beginn werden nur leichte Anspannübungen in der Muskulatur ausgeübt, später kommt leichtes Beugen und Strecken im Handgelenk dazu, bevor nach etwa 8 Wochen mit kräftigenden Übungen begonnen werden kann. Es wird empfohlen bereits wenige Tage nach der Verletzung mit der Handtherapie zu starten : Die Gelenke, die nicht vom Gips eingeschlossen sind, also die Finger und das zweite Daumengelenk – müssen in Bewegung gehalten werden, damit sie nicht versteifen und anschließend Probleme bereiten.
Wie kann die Heilung des Kahnbeins unterstützt werden?
Wird die Kahnbeinfraktur schnell erkannt, therapiert und während der Behandlung fortlaufend kontrolliert sind die Prognosen für eine vollständige Heilung positiv. Hier noch ein paar Tipps, wie du die Heilung unterstützen kannst.
So kannst du die Heilung des Kahnbeins positiv beeinflussen:
Sprich Beschwerden und Unklarheiten bzgl. des Therapieplans direkt bei deinem ärztlichen und therapeutischen Team an Befolge das von deinem Therapeut/deiner Therapeutin erstellte Hausprogramm zuverlässigBewege auch Schulter und Ellbogen der verletzten Hand, um die Lymphe im Fluss zu halten und Schwellungen zu reduzierenDeine Motivation trägt entscheiden zum Therapieerfolg bei!
Mehr Informationen zur AnyHand für Patient*innen? Mehr Info
Ein Sturz auf die Hand beim Sport oder im Alltag - eine Kahnbeinfraktur ist schnell passiert. Wichtig ist, dass diese schnell erkannt wird und entsprechend der Art des Bruches behandelt wird. Anschließend unterstützt eine optimale Nachsorge die Heilung und beugt Bewegungseinschränkungen vor. So bist du auf einem guten Weg, deine Hand möglichst bald wieder im Alltag einsetzen zu können.
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Häufig gestellte Fragen
Wo liegt das Kahnbein?
Im Deutschen wird sowohl ein Fuß- als auch Handwurzelknochen Kahnbein genannt. Gemeint ist beim Kahnbeinbruch jedoch meist das Kahnbein als Bestandteil des Handgelenks. Es bildet zusammen mit sieben weiteren Handwurzelknochen das Handgelenk, grenzt an die Speiche des Unterarms und ist v.a. für die Kraftübertragung zum Daumen verantwortlich.
Wie lange wird der Gips bei einer Kahnbeinfraktur getragen?
Bei der konservativen Therapie wird der Gips meist 6-12 Wochen getragen. Ist aufgrund eines komplexen Bruches oder anderer Komplikationen eine Operation nötig, wird auch danach ein Gips zur Ruhigstellung verordnet. Die Tragedauer kann hier etwas kürzer sein, meist beträgt sie mindestens vier Wochen.
Was ist eine Kahnbeinpseudarthrose?
Wachsen die Knochenstücke des Kahnbeins nicht optimal zusammen, kann eine sogenannte Pseudarthrose entstehen. Bei einer unvollständigen Heilung sind weiterhin Bewegungen zwischen den Bruchstücken möglich, die über Jahre hinweg zur Abnutzung des Handgelenks führen können. Nach Jahren können Beschwerden wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen die Folge sein.
Wie lange schmerzt eine Kahnbeinfraktur?
Typisch für einen Kahnbeinbruch sind Druck- und Bewegungsschmerzen im Handgelenk, die durchaus mehrere Wochen anhalten können. Bei starken Schmerzen kann in ärztlicher Abklärung eine Schmerztherapie hilfreich sein. Jedoch tritt auch gelegentlich der Fall ein, dass Schmerzen schon bald nach dem Unfall von selbst abklingen. Doch auch hier sollte man einem Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur die Verletzung ärztlich abgeklärt werden, da das Übersehen des Bruches zu unerwünschten Komplikationen führen kann.
Wie lange dauert die Heilung einer Kahnbeinfraktur?
Die Heilungsdauer ist abhängig von der Komplexität des Bruches und damit auch davon, ob es ausschließlich mit einem Gips und Ruhestellung therapiert oder aber eine Operation nötig ist. Aufgrund der oftmals schwachen Blutversorgung des Knochens kann es durchaus mehrere Monate dauern, bis das Kahnbein wieder ausgeheilt ist. Wichtig ist hierbei, dass die Verletzung schnell erkannt wurde und eine kontrollierte Nachsorge, um Komplikationen und damit eine Verzögerung des Heilungsprozesses zu vermeiden.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema, eignet sich aber nicht zur Selbstdiagnose oder zur Auswahl einer passenden Therapie. Der individuelle Fall kann nur durch ärztliche Kompetenz zuverlässig diagnostiziert werden.
Quellen
Breier S, Diday-Nolle AP, Reiter Eigenheer A, Saur I. Handrehabilitation Band 1 Grundlagen, Erkrankungen. 3rd ed. Waldner-Nilsson B, editor. Heidelberg/Berlin: Springer-Verlag; 2013.
Schmidt H-M, Lanz U. Chirurgische Anatomie der Hand. 1st ed. Stuttgart: Thieme; 1992.
Hirt B, Seyhan H, Wagner M, Zumhasch R. Anatomie und Biomechanik der Hand. 3rd ed. Stuttgart, New York, Delhi, Rio: Thieme; 2015.